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Die neunte Versammlung deutscher Architekten und Ingeniöre in Dresden, vom 4. bis 8. Oktober 1854. Beschrieben von Dr. Ernst Engel.
   Es folgt auszugsweise der Bericht über den Besuch und die Besichtigung der Albrechtsschlösser während der Endphase des Baugeschehens, höchstpersönlich geführt durch den Berliner Architekten Adolf Lohse selbst.


   Es schlug 12 Uhr. Das Programm hatte für den heutigen Tag nur eine Stunde zur Einnehmung eines Frühstücks gelassen. Alles eilte nach dem obern Belvedere auf der Terrasse, um nur nicht die auf präziß 1 Uhr angesetzte Abfahrt nach den Albrechtsschlössern zu versäumen.

D i e  A l b r e ch t s s ch l ö s s e r.

   Mit dem Schlage Eins stieß das festlich geschmückte und zahlreich besetzte Dampfschiff "Saxonia" vom Ufer. Außer den Theilnehmern an der Versammlung, zu welchen, wie wir schon referirten, die höchsten Beamten des Staats gehörten (und welche am Sonnabend, den 7. Okt., auch von Sr. Königl. Hoheit dem Kronprinzen besucht wurde), hatte die Güte des Königl. Preuß. Landbaumeisters Lohse auch noch einige Gäste in den Stand gesetzt, sich der Versammlung anzuschließen. Gutes Wetter begünstigte die kurze Fahrt. Ein langer Zug von Menschen strömte durch die Pforte an der Wasserseite und erstieg nach und nach die Höhen des Berges. Schon die Mauer war ein kolossaler Bau, sie ist 2000 Fuß lang und 20 Fuß hoch, und trotz ihres beträchtlichen körperlichen Inhalts ist sie doch in der kurzen Zeit von 5 Monaten errichtet worden. Uber der Höhe der Mauer präsentirt sich zunächst der mittlere Vorbau der ersten Terrasse, an dessen Mitte sich eine reizende Brunnennische im seltnen griechischen Styl erhebt, die sicher noch effektvoller auf den Beschauer wirken wird, so bald die dafür bestimmten Statuen erst aufgestellt sind. Ein mächtiger Wasserstrahl quillt aus der mittelsten Nische hervor, stürzt sich über Felsen weg und gleitet von da mit lieblichem Geräusch in die Elbe. Der erwähnte stark hervortretende Vorbau bildet das Fundament zu den schweren darauf ruhenden Anlagen und hat bei ungefähr 400 Fuß Längenausdehnung eine Höhe von 40 Fuß. Der Versicherung des Baumeisters nach hat die Fundirung dieses Theils des Baues die meisten Schwierigkeiten in sofern gemacht, als der Untergrund selbst kein fester war. Um die Ursachen einer urplötzlich eingetretenen Bewegung kennen zu lernen, ließ der Baumeister Bergleute kommen, einen Schacht absinken, wobei in 80 Fuß Tiefe eine undurchlässige Thonschicht erschroten wurde. Die Anhäufung der Wasser auf derselben war die Veranlassung des Wankens der eben begonnenen Unterbauten. Unter diesen Umständen mußte man sich entschließen, den Bau zuvor trocken zu legen, einen Stollen zu treiben und so das Wasser oberhalb der Fundamente abzufangen. Das geschah, aber die Ausführung dieser Arbeit beschäftigte 300 Arbeiter fast ein ganzes Jahr lang unausgesetzt Tag und Nacht, d. h. je 100 Mann arbeiteten stets in Schichten von 8 Stunden.
   Von der untersten Terrasse führen zwei schöne breite Seitentreppen auf ein großes Plateau, das in der Mitte ein großes Wasserbecken trägt. Der Mitte des letzteren entspringt ein mächtiger Wasserstrahl von zwei Zoll Durchmesser, seine Wassermast bis 100 Fuß emportragend. Der Wind bewegte den herabfallenden Strom und zerstreute ihn in Millionen Tropfen, die theils in das Becken zurückfielen, theils gegen den das Becken begrenzenden, gleichfalls im griechischen Styl ausgeführten, aber noch unvollendeten Rundbau, dessen Säulen nässend. Hinter letzterem herum erhebt sich die Mauer, welche die zweite Terrasse trägt. Auf dieser ist ein Fahrweg angebracht, der von hier ab serpentinartig in die Höhe geführt ist. Um hierfür eine angemessene Steigung zu gewinnen, war es nöthig, einen Viadukt gewissermaßen in den Berg hinein zu bauen. Der Architektur bieses Baues ist die Landschaftsgärtnerei auf eine glückliche Weise zu Hülfe gekommen. Künstliche Felsenpartien, über welche sich Gießbäche stürzen, beleben die Scene. Das Ensemble wird einen ungleich großartigeren Eindruck aber dann machen, wenn auch die Bäume und landschaftlichen Anlagen, die sich zwischen den Steinbauwerken selbst hinziehen und diese für die Ansicht an geeigneter Stelle unterbrechen, an der andern hervorheben sollen, ihrer Vollendung entgegen geführt und die Baumgruppen selbst zur mächtigeren Entwicklung gelangt sein werden.

HistorischeAnsichten107
Palais des Prinzen Albrecht von Preussen, Kreidelithographie, um 1853 [1]

   Langsam bewegte sich der lange Menschenzug, oben angekommen, um das (wenn der Ausdruck gestattet ist) im griechischen Renaissance-Styl aufgeführte Hauptgebäude herum in das Innere desselben. Schon das Vestibül mit seinen Säulen von geschliffenen Porphyr, seinen Fußböden von Marmor, seinen glänzenden Wachswänden und weißmarmornen Thüreinfassungen, eingerahmt wieder mit gelbem und grauem Marmor, ließ die Pracht ahnen, welche in den Gemächern selbst herrschte. Das erste, in welches man eingeführt wurde, war der in 3 Abtheilungen getheilte G a r t e n s a a l mit Fußtäfelwerk von schlesischem Marmor. Dessen Wände sind theils schon, theils sollen sie noch mit landschaftlichen Bildern derjenigen Gegenden geschmückt werden, welchen der fürstliche Besitzer seine Erinnerungen gern zuwendet. Die Ansichten von Meran in Tyrol, Neapel und Großglockner gingen ihrer Vollendung entgegen. Die Zeit, die gegönnt war, war eine so kurze, daß es selbst dem aufmerksamsten Beobachter, der zum ersten Male diesen Bau sieht, unmöglich sein dürfte, für alle Einzelheiten ein Gedächtnis zu haben. Die wirklich prachtvolle und in jeder Weise gelungene Decken-Ausbildung fesselte die Aufmerksamkeit nicht minder, als die der Fußböden, der Thüren, der Wände, die bald von Wachs, bald von Marmor, bald von Stuck ausgeführt waren. In jenem Gartensaal erregte ein Stuck-Fries durch seine gemalten Reliefs eine äußerst angenehme Wirkung und die Theilnahme aller Beschauer. An diesem Saal grenzt das B i l l a r d z i m m e r. Die prachtvoll gearbeiteten Thüren, die in dem ganzen Gebäude sichtbar waren, sind im Gartensaal von Partridgeholz, im Billardzimmer von hoch polirtem Rüster. Die Wände dieses letztern sind sogenannte Wachswände von tiefen Braunroth mit fein eingelegten gelben Linien. Rings um das Zimmer laufen mit grünem Saffran bezogene Divans von Palysander. In unmittelbarer Verbindung mit dem Billardzimmer steht das R a u ch z i m m e r. Nächst diesem sind in der nämlichen Etage noch ein B i b l i o t h e k z i m m e r mit reichen Ahornschränken ausmöblirt., ferner ein Zimmer für den Adjutanten des Prinzen und einige andere Räume. Der Baumeister führte seine Gäste von da aus in den V o r r a u m  z u r  H a u p t t r e p p e. Pilaster und Paneele sind auch hier von Marmor. An der einen Seite dieses Raumes ist eine Nische von dunkelrothem Marmor angebracht, in welcher später noch eine Kristall-Fontaine aufgestellt werden wird. Eine freitragende Marmortreppe von mäßiger Breite führt in die Räume des obern Stocks des Hauptgeschosses. Die Grundform des T r e p p e n h a u s e s ist rund, die Kuppel desselben wird von einem auf Marmorsäulen ruhenden Kranz getragen. Es ist als Ahnenhalle gedacht und aufgefaßt und darum befinden sich auf 16 Feldern dieses Treppenhauses vertheilt die Portraits der hervorragendsten Repräsentanten von dem Fürstenhause der Hohenzollern. Das Treppengeländer, in feinster Goldbronze ausgeführt, stellt die Kette des Hohenzollernschen Hausordens, des schwarzen Adlerordens mit seinem Sinnspruch: Suum cuique, dar. Der Griff ist mit rothem Sammet bezogen. In seiner Totalität macht das Treppenhaus einen hinsichtlich Eleganz wirksamen Eindruck. Die Gemächer des Hauptgeschosses gehören ohnstreitig sowol was Staffirung als Möblirung anlangt zu den luxuriösesten, welche dermal existiren. Wir betraten nun zunächst das E m p f a n g s z i m m e r, dessen Wände mit seltenen Tapeten geschmückt sind von dem nämlichen Stoff, in welchem auch die Gardinen. Die Thüren zu diesem Zimmer waren von noch kostbarer Arbeit, als die im unteren Stock, das Holz dazu, je nach dem Möblement, ebenfalls abwechselnd von Mahagony, Nußbaum, Palysander u. s. w. Bezaubernd ist der Eindruck, den die Fenster nicht sowol dieses einzigen, sondern aller obern Räume hervorbringen. Nicht allein daß jedes Fenster nur eine einzige Scheibe des schönsten Spiegelglases ist, scheint der Architekt mit dieser Anordnung zugleich noch die Absicht verbunden zu haben, die Gemächer selbst mit Bildern belebter Landschaften zu schmücken. Die Fensterrahmen umfassen die Scheiben in der Weise, daß man versucht sein möchte zu glauben, als seien die Fernsichten eben so viele Landschaftsbilder, als Fenster. Die oft schwere Pracht der Zimmer wird in Folge dessen anmuthig gehoben. Die Bewunderung der innern Einrichtung dieser Villa steigerte sich, je weiter der Menschenzug vorwärts drang. In dem r o t h e n  Z i m m e r waren die Tapeten von rother Seide, die Thüreinfassungen von weißem Marmor, die Thüren und das Möblement von polirtem Palysander, alle Decken kasettenartig und reich verziert. An das rothe Zimmer stößt ein g e l b e r  S a l o n, das Möblement von Mahagony mit eingelegter Goldarbeit, die Bezüge und Gardinen vom schwersten gelbseidenen Damast. Ein Kamin von weißem Marmor wirkt durch seine Unterbrechung der gelben Flächen hebend auf die Harmonie der Farben, während die herrliche Aussicht durch die Fenster vom reinsten Spiegel dem Aufenthalt in diesem kostbaren Gemache einen zauberischen Reiz verleihet. Von da gelangte man in das A r b e i t s - K a b i n e t des Prinzen. Dasselbe hat eine besonders zierliche Ausschmückung erhalten und fast möchte es uns bedünken, als habe der Baumeister durch die sinnige Anlage und Ausschmückung dieses Gemaches seinen dankbaren Gefühlen gegen den hohen Bauherrn, der mit einer in unsern Tagen seltenen Liberalität eine so großartigen und reichen Bau geschaffen, Ausdruck verleihen wollen. Die Paneele desselben sind von japanischem Nußbaum, die Wandflächen bedeckt mit Ledertapeten, geschmackvoll verziert duch Goldeinfassungen u. s. w. Die Decke ist ebenfalls kasettenartig. Unmittelbar damit ist das S ch l a f ge m a ch und das Toilettenzimmer des Prinzen verbunden. Das Schlafgemach ist zugleich als Waffenhalle gedacht. Es wird von einer flachen Kuppel überwölbt. Der dadurch gebildete Halbkreis soll später noch mit Waffenemblemen dekorirt werden. Aus diesen Räumen eröffnete sich uns alsbald der Hauptraum des Geschosses, in welchem wir uns befanden, der g r o ß e  S a a l, der zwar noch nicht in allen Theilen fertig ist, der aber schon in seiner gegenwärtigen Gestalt die Anwesenden ohne Ausnahme (und unter ihnen waren tüchtige Kunstkenner und hohe Kunstmäzene) entzückte. Die Decke ist eine Kasettendecke der reichsten und geschmackvollsten Art in dem erwähnten Renaissancestyl. Ein Fries und Fresken vom Maler Hartmann aus Berlin, die Freuden des Landlebens darstellend, hebt die Decke von den weißen und gelben Marmorwänden des Saales selbst hervor. Man ahnt in der That einen so großen Raum in diesem Saale kaum, wenn man das Gebäude nur flüchtig von außen sieht. Er ist 80 Fuß lang, 30 Fuß tief und 30 Fuß hoch. Nach der Elbseite wird er durch einen erkerartigen Ausbau mit 3 mächtigen Bogenfenstern begrenzt, durch welche sich dem Beschauer die wunderbar schöne Aussicht auf das Elbthal eröffnet. Nach der Chaussee hin wird der Abschluß durch drei große Bogenfenster gebildet, die zwar eine ganz andere, aber gleichfalls reizende Aussicht auf den Park und den nahen Wald gewähren. An den Saal schließen sich in ähnlicher Folge und Staffirung Zimmer wie die vorerwähnten. Unter denselben erregte ganz besonders ein k a r m i n b l a u e s  G e m a ch die Aufmerksamkeit der Beschauer, da es sowol durch feine Tapeten, als auch durch das Möblement, die Gardinen, die Decken, welche alle mit Silber ornamentirt sind, effektvoll auf dieselben wirkte. An dieses Zimmer reiht sich ein K a b i n e t t in Braun, das mit einem Ausgang auf eine in den Park führende Terrasse versehen, von dieser aus aber einen Blick auf den Park mit seinen schönen grünen Bäumen und besonders auch noch auf eine mächtige Fontaine gestattet. Aus gedachtem Kabinet tritt man in ein B o u d o i r und S ch l a f z i m m e r. Die auf zierlichen und reich verzierten Bronzesäulen ruhende 8eckige Kuppel enthält ein hübsches Gemälde, eine Amorettengruppe darstellend. Die Wandfläche, Gardinen, Möbles dieses Raumes sind mit schwerem rosaseidenen Stoff bedeckt, das Amöblement und die Thüren sind von amerikanischem Ahorn.
   Bis hierher war der Zug gelangt, ohne umkehren zu müssen. Die Kenntnißnahme von der innern Einrichtung würde aber eine unvollständige gewesen sein, hätte der Baumeister die Anwesenden nicht auch noch nach dem B a d e z i m m e r geführt. Zu diesen Zwecke mußte man eine magisch erleuchtete, im Styl der Alhambra dekorirte Treppe hinabsteigen. Wenn hier bemerkt wird, daß der mit der speziellen Ausführung dieses Bades beauftragte Architekt zur Anlegung des sich unsern Augen Darstellenden eigens Studien in der Alhambra selbst gemacht hat, um alle Feinheiten des maurischen Styls kennen zu lernen, so ist dies, um sich ein Urtheil über diesen Raum zu bilden, wol schon ausreichend und zugleich bezeichnend für die Kunstliebe des fürstlichen Bauherrn.
   Die anderweiten noch unvollendeten Räume des Hauptgeschosses sowol, als auch die der oberen Etage und der Souterrains unbesehen lassend, bewegte sich der Hauptzug nach der P l a t f o r m des Schlosses, um auf derselben einen Umgang zu halten und den Anblick des reizenden Panoramas, welches von da oben sich dem Besucher zeigt, in vollen Zügen zu genießen.
   Trotz einer Zahl von mindestens 250 Theilnehmern an dieser Besichtigung geschah dieselbe doch ohne die mindeste Unbequemlichkeit für dieselben. Wol aber hatten Se. Königl. Hoheit der Prinz Albrecht der Versammlung das große Opfer gebracht, seine Villa auf eine kurze Zeit zu verlassen, damit jeder Raum zugänglich sei, ein Opfer, welches die Versammlung mit dem lebhaftesten Danke anerkannte.
   Auf einem anmuthigen Wege des Parks begab man sich jetzt nach der V i l l a  S t o ck h a u s e n. Eine zahlreiche, in Galakleidern aufgestellte Dienerschaft empfing die Theilnehmer der Versammlung, welche nach und nach alle Zimmer auch dieses reizenden Gebäudes in Augenschein nahmen. der Hauptsalon desselben hatte sich des ungetheiltesten Beifalls Aller zu erfreuen. Die Frontwand ist mit einem lieblichen Gewächshaus in Verbindung gebracht. Der Schmuck der Säulen vor demselben wird durch den Schmuck der Gewächse gehoben. An der Rückwand befindet sich eine Nische mit einer kleinen Fontaine. Die Kombination aller dieser dekorativen Elemente zu einem geschmackvollen Ensemble ist in der That von überraschender Wirkung. --- Die Haupttreppe dieses Gebäudes ist ebenfalls freitragend, das Treppenhaus selbst höchst geschmackvoll. Durch die gemalten Glasfenster verbreitet sich ein magisches Licht über diesen Raum. Der Zug ergoß sich auch in die Gemächer der oberen Etage, welche die eigentlichen Wohn- und Schlafzimmer, die Bequemlichkeitsräume enthält.
   Neben diesen beiden Hauptgebäuden birgt die Besitzung noch eine Menge andere sehr ansehnliche, die freilich gegen die ersteren in den Hintergrund treten und treten müssen. Die Thorgebäude, der Marstall, das Maschinenhaus mit seiner Dampfmaschine, sind, für sich betrachtet, ansehnliche Bauwerke.
   Auch der Park, dessen einzelne Theile von Denjenigen, die vom Gehen und Sehen noch nicht müde geworden waren, mit Aufmerksamkeit betrachtet wurde, ist eine ganz neue Schöpfung, denn das, was von der Besitzung Findlaters selbst herrührt, ist nur gering. Gegenwärtig umschließt der Park 120 Scheffel Land und erstreckt sich über Areal, das noch vor Kurzem Wiese oder Kartoffelacker war. Seine Gestaltung empfing er durch den Königl. Obergärtner Neidter in Berlin. Um den Park in der kurzen Zeit dahin zu bringen, was er jetzt schon ist, sind außer den bereits vorhanden gewesenen nicht weniger als 1665 Stück große über 30jährige Bäume und 80,000 Stück kleine verpfanzt und 50 Zentner Grassamen verbraucht worden, der massenhaften Boden- Zu- und Wegschaffungen nicht zu gedenken.
   Befriedung und selbst hohe Befriedung war nicht die einzige durch die Beschauung so vieles Schönen hervorgebrachte Gemüthsaffektion, auch nicht Lob, welches man dem künstlerischen Schöpfer der eben in ihren zu Tage liegenden Details gesehenen Bauwerke und Anlagen in reichem Maaße spendete. Nicht wenige Theilnehmer fühlten sehr bald heraus, daß solche Schöpfungen überhaupt nicht entstehen können ohne Mittel, und daß der Sinn für Kunst und für das Schöne bei dem in hohem Grade vorhanden sein müsse, der sie aufwendet, um ein solches Werk zu schaffen. Es war daher das Gefühl der Hochachtung für den fürstlichen Bauherrn, welches sich neben dem der Befriedigung und des Lobes Platz machte. Der Prinz Albrecht von Preußen hat in der That durch diesen Bau und diese durch ihn geschaffenen Anlagen ein schönes Beispiel allen Kreisen gegeben, in welch' sinniger Weise die Kunst gepflegt und mit dem Angenehmen verbunden werden kann, wie durch einen Bau, in welchem alle Einzelheiten auf das Vollkommenste ausgeführt sind, bei welchem der Vorzüglichkeit der Leistung fast allein Rechnung getragen wurde, auch der Vervollkommnung der Vorschub geleistet werden kann. Die Versammlung gab diesem Gefühle Ausdruck, als bei der Rückfahrt der Königl. Landbaumeister Lohse als Dank für das ihm als Erbauer der gesehenen Herrlichkeiten gebrachte Hoch, die Ehre des Tages seinem königlichen Bauherrn überwies und diesem unter der Aeußerung der dankbarsten Gefühle ein Hoch widmete, in welches alle Anwesenden mit Begeisterung einstimmten 2).
   Zeit und Wetter gestattete noch bis nach Loschwwitz zu fahren, um die Fremden noch einige Schritte weiter in das Elbthal aufwärts zu führen und bei der Thalfahrt Allen noch einmal Gelegenheit zu geben, den schönen Terrassenbau im Style der italienischen Villen in seiner Totalität zu beschauen. Bei Sonnenuntergang legte das Schiff bei der Felßner'schen Restauration an, um den größten Theil seiner Passagiere da abzusetzen, welche sich gern an den kleinen Abend-Vergnügungen betheiligten, die daselbst vorbereitet worden waren. Der größte Theil blieb eine Zeit lang dort in der heitersten Stimmung vereinigt und alle Theilnehmer waren sichtlich von dem ihnen am heutigen Tage Gebotenen befriedigt.1

2) Dem Denkenden werden sich bei Nebeneinanderstellung der "A l b r e ch t s s ch l ö s s e r" und der "A l b r e ch t s b u r g" i n  M e i ß e n, wovon später die Rede ist, anregende Betrachtungen aufdrängen. Dort der letzte Ausdruck des Luxusbaus unserer Zeit, Verwendung dekorativer und ornamentaler Elemente aus vielen Zeitaltern, vorwaltend Oberflächenverzierung. Hier Strenge im Styl einer ernsten Zeit, und wenn auch die Blüthe der sogenannten Gothik längst überschritten war, von Dekorazion und Flächenzier keine Spur. Hier die Pracht des Reichthums, dort die Gewerbskunst, die sich schonungslos in die Gewölbe eingebaut hat und das ehrwürdige Bauwerk mit ihrem Treiben zu zersprengen droht. Dort die Dampfmaschine um Springbrunnen, hier um Thonknetmaschinen und Pochwerke zu treiben. - Die Frage drängt sich auf, welchem Zwecke werden jene Albrechtsschlösser noch nach 400 Jahren dienen? Werden Sie deren Ruhm durch alle Welt tragen, wie es die Albrechtsburg noch heute thut durch die in ihr schaffende Manufaktur? Lasset immerhin die schönen Treppen sich durch das tägliche betreten von 500 Arbeitern abnutzen, "Neues Leben sprosset aus Ruinen." - Und Ihr Baumeister baut Schlösser, die eine Welt nach 400 Jahren noch mit Bedauern ob ihrer endlichen Vernichtung erfüllen.

Red. Gwbztg.1

Quellennachweis:
[1] Abtheilung II. der Deutsche Gewerbezeitung, Gewerbskunst, Gewerbliche und landwirthschaftliche Technik, 16. Febr. - 31. März 1855, S. 87 google books

Bildnachweis:
[1] im Besitz des Verfassers