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Nachfahren des Landgrafen Friedrich V. von Hessen-Homburg hatten den Oberschulrath und Gymnasial-Director a. D. Dr. Karl Schwartz beauftragt, die Familiengeschichte der Landgrafen von Hessen-Homburg aufzuschreiben. Im Abschnitt VIII. "Die Hofdame Louise v. Ziegler (Merck's und Goethe's "Lila")" tritt die Familie von Stockhausen in Erscheinung. Der Inhalt beruht zum großen Teil auf Mitteilungen des Heinrich von Stockhausen in der Villa Stockhausen in Loschwitz. Dieses gebe ich hier wortgetreu wieder. Die Fußnoten auf den einzelnen Buchseiten habe ich durchnummeriert und an das Ende des Textes gestellt.

   Louise von Ziegler fand einen Gatten, der ihrer vollkommen würdig war, in der Person des nachmaligen preußischen Generals Gustav v o n  S t o ck h a u s e n, der damals Premierlieutenant im Regiment Alt-Stutterheim war und seine Garnison in Anclam hatte. Sie reichte ihm am 6. Juni 1774 in Homburg ihre Hand1, unter den Segenswünschen ihrer zahlreichen Freunde, deren freudige Theilnahme an dem glückverheißenden Ehebunde nur durch den Gedanken an die bevorstehende Trennung getrübt wurde.
   Sie hatte dem Darmstädter Freundeskreise ihren Gemahl vorgestellt, der auf Merck einen sehr günstigen Eindruck machte und ihm die Ueberzeugung einflößte, daß die Freundin an der Hand des trefflichen Mannes glücklich sein werde. Die beiden älteren fürstlichen Freundinnen erlebten ihre Vermählung nicht, da die Herzogin Caroline von Pfalz-Zweibrücken am 25. März 1774 gestorben und ihre Tochter, die "große Landgräfin" ihr wenige Tage später, am 30. März, im Tode gefolgt war.
   Die nunmehrige Frau von Stockhausen vergaß auch im fernen Pommern ihrer Darmstädter Freunde nicht; sie schrieb an Merck, dem sie unter Anderem mittheilte, daß sie einen kleinen Cirkel von Freunden und Menschen, die mit ihr sympathisirten, gefunden habe. Merck antwortete im Herbst 1777, in einem ausführlichen Briefe, welchen Wagner mitgetheilt, ohne zu erkennen, daß derselbe an Frau von Stockhausen gerichtet ist.2 Dieser Brief, der reichhaltigste und werthvollste der ganzen Sammlung, da er Nachrichten über die Gebrüder v. Moser, Herder, Goethe und dessen Schwester Cornelia, Wieland, Sophie la Roche, Leuchsenring, auch über Merck's Familie enthält, kann n u r an Frau von Stockhausen gerichtet sein; er enthält nicht das Geringste, was n i ch t auf sie paßte, und sein ganzer Inhalt paßt n u r auf sie und auf keine andere Persönlichkeit. Der Brief beginnt mit den Worten: "Meine würdigste Freundin, ich danke ihnen von Herzen für die guten Stunden, die mir Ihr Brief gemacht hat. Ich hätte noch lange nicht geschrieben, weil ich nicht gewiß wußte, ob Sie's gern sähen. Fremde Leute mochte ich auch nicht fragen, denn ich schämte mich, daß ich sogar den Ort Ihres Aufenthaltes nicht wußte." Am Schlusse heißt es: "Nun empfehlen Sie mich Ihrem lieben Gemahl von Herzen. Sein Anblick steht mir noch vor, und es müßte mich Alles in der Welt trügen, wenn Sie mit ihm nicht glücklich wären. Sie haben einen kleinen Zirkel von Freunden und Menschen, die mit Ihnen sympathisiren. Wer wünschte sich eine große Anzahl? Freilich 8 oder 9 Menschen, wie sie ao. 1772 beisammen und oft in meinem Hause beisammen waren, ist ein seltenes Schauspiel." Schon diese Stelle hätte einen Fingerzeig für die Person, an welche der Brief gerichtet war, bieten müssen. Jenen Cirkel bildeten: Fräulein Ravanel, Merck und seine Gattin, Geheimrath Hesse und seine Gattin, Caroline Flachsland, Goethe, Fräulein von Roussillon und Louise Ziegler, also gerade neun Personen! Wagner bemerkt zu dem Briefe: "Concept ohne Adresse, Datum und Schlußformel, aber so rein geschrieben, daß es nur noch dieser bedurfte, um abgeschickt werden zu können." Daß der Brief an Frau von Stockhausen gerichtet ist, steht, obgleich es an einem äußern Zeugnisse fehlt, darum nicht minder unumstößlich fest; es liegt hier ein Fall vor, wo der Indicienbeweis dem bestimmten Zeugnisse an überzeugenter Kraft fast vollkommen gleich steht. Uebrigens wird Frau von Stockhausen den Brief, da die R e i n s ch r i f t sich in Merck's Papieren vorfand, schwerlich zu Gesicht bekommen haben. Merck hat wahrscheinlich, bevor er den Brief abgehen ließ, bestimmte Erkundigungen einziehen wollen, wohin er denselben zu adressiren habe, und darüber mag die Absendung in Vergessenheit gerathen sein.
   Caroline Herder erkundigte sich in einem Briefe an Merck (Bückeburg, Oct. 1775)3 nach ihrer Freundin: "Was macht Goethe" so lange hören wir nichts von ihm. I st  d i e  S t o ck h a u s e n  s ch o n  n a ch  P o m m e r n?" Aus dem Datum dieser Erkundigung ergibt sich, daß Frau von Stockhausen nach ihrer Vermählung nicht sogleich nach Pommern übersiedelte. Sie scheint sich mit ihrem Gatten längere Zeit auf den Gütern der v. Stockhausen'schen Familie in Hessen aufgehalten zu haben, kam auch im J. 1775, wie aus den unten folgenden Lebensnachrichten zu ersehen ist, wieder nach Homburg und scheint erst in dem genannten Jahre ihrem Gatten in seine Garnison gefolgt zu sein. Daß Caroline Herder in späterer Zeit mit Frau von Stockhausen noch in Verbindung gestanden hat, ist nicht wahrscheinlich; denn in der Schrift: "Erinnerungen aus dem Leben Herder's gesammelt und beschrieben von Maria Caroline von Herder geb. Flachsland, herausgegeben durch Joh. Georg Müller (Stuttg. u. Tüb., Cotta, 1830)" wird Frau von Stockhausen nirgends erwähnt. Ebensowenig ist dieses der Fall in dem Werke: "Herder's Lebensbild, mitgetheilt von seinem Sohne Emil Gottfr. v. Herder." Der dritte Band dieses Werkes enthält zahlreiche Briefe, aber nirgends zeigt sich eine Spur, daß zwischen den Jugendfreundinnen noch ein Verkehr stattgefunden habe.
   H a n s  F r i e d r i ch  G u st a v  v o n S t o ck h a u s e n war im J. 1743 zu Winzig in Niederschlesien geboren, stand mithin bei seiner Vermählung im ein und dreißigsten Lebensjahre. Die Familie gehörte zur hessischen Ritterschaft und er selbst zu derjenigen Linie, deren Stammsitz das Gut Immenhausen ist und deren sämmtliche Glieder den Vornamen "Hans" führen. Auch sein Vater, Hans Gottfried von Stockhausen auf Immenhausen, hatte in preußischen Militärdiensten gestanden und war 1759 als Oberstwachtmeister gestorben; seine Mutter war Maria Anna Elisabeth von Reizenstein.4 Gustav von Stockkhausen5 trat 1757, im Alter von vierzehn Jahren, als Junker in das Infanterieregiment Alt-Stutterheim ein, in welchem er (12. Nov. 1760) zum Secondelieutenant, (26. April 1764) zum Premierlieutenant befördert wurde, kam dann als Stabscapitain in das Regiment Lobeck (3. Jan. 1777), wurde Chef der ehemals Linienancker'schen Compagnie im Regiment v. Teuffel (15. Nov. 1778), Major im Regimente v. Schönfeld (4. Nov. 1784), Oberstlieutenant in demselben Regimente (25. Mai 1792), Oberst und Commandeur des Rüchel'schen Regiments in Anclam (12. Jan. 1794). Von 1798 bis 1799 war er Commandeur des Regiments v. Borcke in Stettin, wurde Chef des in Fraustadt stehenden Regiments Musketiere vacant Hiller v. Gärtringen (26. Febr. 1799) und bald nachher zum G e n e r a l m a j o r ernannt (27. Mai 1799). In letzterer Stellung war er auch Chef des Infanterieregiments Tschepe. Gustav v. Stockhausen focht bereits im siebenjährigen Kriege, insbesondere in den Schlachten bei Torgau und bei Burkersdorf (unweit Reichenbach), erwarb sich im Kriege der ersten Coalition gegen Frankreich bei der Erstürmung von Frankenthal den Orden pour le mérite und nahm an dem Feldzuge in die Champagne und an der Einnahme Frankfurts durch preußische und hessische Truppen Theil.
   Er war ein sehr tapferer und  befähigter Offizier, dem außer seinen militärischen Tugenden auch große Biederkeit und die liebenswürdigste Humanität nachgerühmt werden.
   Er starb in Fraustadt am 27. März 1804 an der Kopfwassersucht, ein und sechzig Jahre alt.
   Frau von Stockhausen ("Lila") folgte ihrem Gatten nach Anclam, 1798 nach Stettin und zu Anfang 1799 nach Fraustadt, wo sie auch nach dem Tode ihres Gatten noch einige Zeit blieb und ein ihr zugehöriges Haus bewohnte. Zu Anfang 1805 verlegte sie ihren Wohnsitz nach Berlin und scheint denselben bis kurz vor ihrem Tode beibehalten zu haben.
   Während ihres Aufenthaltes in Anclam hatte sie von Zeit zu Zeit größere Reisen unternommen, vorzugsweise wol, um dem Gatten auf dessen Feldzügen näher zu sein und ihre Freundinnen in Hessen und der Rheingegend wiederzusehen. Im Herbst 1792 befand sie sich in Hanau und begab sich von dort am 8. October nach dem ihr so theueren Homburg, wo ihre um etwa ein Jahr ältere Schwester6 ihr in ihrer Stellung als Hofdame gefolgt war und sie von Seiten der landgräflichen Familie stets der herzlichsten Aufnahme gewiß sein konnte. Von Berlin aus unternahm sie wiederholt Reisen nach der Pfalz und dem Elsaß, um in den Besitz der von Zyllnhardt'schen Güter und Capitalien, auf welche sie durch ihre mütterliche Abstammung Ansprüche machte, zu gelangen, was ihr jedoch nur hinsichtlich der Capitalien gelungen ist.
   Frau v. Stockhausen starb am 25. Februar 1814 abends acht Uhr zu Homburg, wo sie sich bei ihrer Schwester zum Besuche befand, im Alter von drei und sechzig Jahren, und wurde am 28. dort bestattet.
   Sie hatte zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn, J o h a n n  C a r l  F r i e d r i ch  L u d w i g, wurde am 19. April 1775 in Homburg, wo seine Mutter damals zum Besuche war, geboren, die Tochter, C a r o l i n e, im J. 1777 in Anclam; die beiden zuletzt genannten Vornamen des Sohnes und der Vorname der Tochter lassen darauf schließen, daß bei jenem der Landgraf, bei dieser die Landgräfin Pathenstelle vertreten hat.
   Die Tochter verlobte sich in sehr jugendlichem Alter mit einem Major des Regiments v. Schönfeld in Anclam (die Familie von Stockhausen besitzt noch das Oelbild dieses Offiziers, kennt aber nicht dessen Namen), der im ersten Coalitionskriege blieb; der Gram über diesen Verlust zerstörte die ohnehin schwache Gesundheit der Braut und sie starb schon am 3. October 1802 zu Demmin.
   Der Sohn, der nachmalige Generallieutenant Freiherr von Stockhausen, gehörte unbestritten zu den ausgezeichnetsten Offizieren der preußischen Armee, und York, in dessen Corps er diente, schätzte ihn wegen seiner mit der ruhigsten Besonnenheit verbundenen heldenmüthigenTapferkeit so sehr, daß er wiederholt von ihm sagte: "Vor dem Major v. Stockhausen nehme ich den Hut ab." Briefe, welche York an ihn richtete, sind noch im Besitze der v. Stockhausen'schen Familie. Wir geben über ihn folgende kurze Nachrichten.7
   Schon in seinem zwöften Lebensjahre trat er 1786 als Junker bei dem Regiment v. Cannewurf in Anclam ein und that sich 1792, als sechzehnjähriger Jüngling, bei der Erstürmung von Frankenthal durch so glänzende Tapferkeit hervor, daß ihm zugleich mit seinem Vater der Orden pour le mérite zuerkannt wurde. Er nahm wie sein Vater an dem Feldzuge nach der Champagne, der Einnahme von Frankfurt, der Belagerung von Mainz Theil und war im ersten Coalitionskriege Ordonnanzoffizier des Prinzen Louis Ferdinand. Im Kriege von 1806 stand er bei'm Blücher'schen Corps als Stabscapitain im Regiment Borcke, gerieth bei Lübeck in Gefangenschaft und wurde 1807 zugleich mit York und dem General v. Oppen ausgewechselt. Da in der westfälischen Periode seine Besitzungen in Hessen, wenn er in preußischen Diensten blieb, mit Einziehung bedroht waren, so mußte er seinen Abschied nachsuchen, welchen König Friedrich Wilhelm III. ihm unter der ausdrücklichen Bedingung, nicht in fremde Dienste zu treten, ertheilte, und zog sich nach Heidelberg zurück. Eine Berufung des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin, der ihm als General die Führung seines Contingentes übertragen wollte, hatte er abgelehnt, weil er nicht in die Lage kommen wollte, gegen Preußen fechten zu müssen. In Heidelberg lag er an einer lebensgefährlichen Krankheit darnieder, als die Befreiungskriege begannen; erst Ende 1813 konnte er, noch nicht völlig genesen, zu den preußischen Fahnen eilen und stand als Major zuerst bei einem schlesischen, dann bei dem ersten ostpreußischen Infanterieregimente, welches zum York'schen Corps gehörte. An allen Kämpfen dieses Corps wirkte er in rühmlichster Weise mit, und sein Name wird auch in solchen Geschichtswerken, welche sich nicht die Aufgabe stellen, d e t a i l l i r t e Darstellungen von Kriegsberichten zu liefern und nur die Namen der höchstgestellten Offiziere anzuführen pflegen, mit Auszeichnung genannt. Bei dem berühmten Gefechte von Chateau Thierry am 12. Februar 1814, der zwar kein Siegestag, aber einer der glänzendsten Ehrentage für das York'sche Corps war, welches in jenem Gefechte nach dem unglücklichen Treffen bei Montmirail (11. Febr.) den Rückzug über die Marne sicherte, die Verfolgung des siegreichen französischen Heeres hemmte und dem Corps des russischen Generals v. Sacken Rettung brachte, in diesem denkwürdigen Rückzugsgefechte gab Major v. Stockhausen, dessen Pferd und Mantel elf Kugeln erhielten, die glänzendsten Beweise seiner bewährten Tapferkeit. Oberst von Cosel8 sagt von ihm in seiner Schilderung dieses Kampfes: "Die Franzosen griffen nunmehr mit großem Ungestüm und berauscht von der Freude des Sieges, die vor den Brücken liegende Vorstadt an, welche - General Sacken hatte nicht einmal sein Versprechen, diese zu decken, gehalten - M a j o r  v.  S t o ck h a u s e n mit zwei ostpreußischen Bataillonen mit eben so viel Umsicht als Bravour vertheidigte; auch gelang es diesem Offizier, das Gefecht mit großer Gewandheit abzubrechen und ohne bedeutenden Verlust die Brücke zu überschreiten."
   Mit gleicher Tapferkeit kämpfte Major von Stockhausen in der siegreichen Schlacht bei L a o n (9. und 10. März). Cosel9 erwähnt ihn bei dem Angriffe des Marschalls Marmont auf das Dorf Athis am ersten Schlachttage mit den Worten: "Etwa um vier Uhr ließ der Marschall durch die Division Arrighi das Dorf Athis angreifen, nachdem dasselbe durch französische Granaten theilweise in Brand geschossen war. M a j o r  v.  S t o ck h au s e n, welcher Athias mit den ostpreußischen Füsilieren besetzt hielt, überließ jedoch, der ihm ertheilten Instruktion zufolge, das Dorf den Franzosen ohne weiteres Gefecht, steckte auch den noch nicht brennenden Theil desselben in Flammen und behauptete sich nur in den äußersten, zumeist nördlich liegenden Gehöften." In der Nähe des Dorfes Athis unternahm der heldenmüthige Prinz Wilhelm von Preußen an der Spitze der ostpreußischen Füsiliere einen n ä ch t l i ch e n  A n g r i f f auf die Franzosen und trieb sie in die Flucht.
   Nach dem Friedensschlusse marschirte v. Stockhausen mit dem ersten ostpreußischen Regimente nach Königsberg, erhielt 1817 das elfte schlesische Regiment und wurde 1823 zum Militärgouverneur des Prinzen Albrecht von Preußen ernannt. Im J. 1830 nahm er als Generalmajor seinen Abschied aus der Armee und wurde Hofmarschall des genannten Prinzen, welche Stellung er bis zu seinem Tode bekleidete. Im J. 1840 wurde ihm der Charakter als Generallieutenant ertheilt. Er starb am 4. Juli 1842 zu Neudeck in der Grafschaft Glatz, im neun und sechzigsten Lebensjahre, und wurde am 8. Juli auf dem Franciscaner-Kirchhofe in Glatz bestattet.
   Er hatte sich am 19. April 1797 mit Henriette Meyer10 aus Stettin verheirathet. Dieser Ehe entsproß nur:
   Friedrich Ludwig Albert Freiherr von Stockhausen, Kammerherr und Hofmarschall des Prinzen Albrecht von Preußen, Herr auf Immenhausen, dann Wolfhagen, zuletzt Besitzer der Villa Stockhausen bei Dresden. Er war geboren zu Heidelberg am 5. Januar 1810, vermählte sich am 19. April 1839 im Kurfürstlichen Palais zu Cassel mit Ernestine Wilhelmine Caroline Treusch von Buttlar aus dem Hause Markershausen (geb. 26. Aug. 1811), Hofdame der Kurfürstin Auguste, und starb am 9. November 1855 auf der genannten Villa.
   Die drei in dieser Ehe gebornen Kinder sind:

1. Alexandrine Constanze Florentine Eva M a r i e von Stockhausen, geb. 23. Juni 1844;
2. H e i n r i ch Adam Edmund Ernst von Stockhausen, geb. 30. Dec. 1846, königl. sächsischer Lieutenant bei'm Gardereiterregiment a. D.;11
3. A l b r e ch t Adam Edmund Ernst Heinrich von Stockhausen, geb. 10. Juni 1848, fiel in der Schlacht bei Vionville am 16. Aug. 1870, als königl. preußischer Portepeefähnrich im Magdeburgischen Cürassier-Regiment Nr. 7.

   Freiherr Heinrich von Stockhausen ist also der Urenkel, Freiin Marie von Stockhausen die Urenkelin der Frau Louise von Stockhausen geb. von Ziegler.
   Oelbilder der letzteren und ihres Gemahls sowie ihrer beiden Kinder befinden sich im Besitze der Familie in der genannten Villa.

[1] Der von der Hand des Oberhofpredigers Roques geschriebene Eintrag im Kirchenbuche der reformirten Gemeinde lautet: "Le 6. Juin (1774) j'ai béni dans l'antichambre de S. A. Madame la Landgrave regnante le mariage de Ms. Jean Frédéric de Stockhausen, officier aus service de S. M. Prussienne, avec Mademoiselle Louise de Ziegler, première Dame d'honneur de S. A. S. Madame la Landgrave, et tille de Mons. Fréderic Wolfgang de Ziegler, chambellan de S. A. S. Monseigneur le Duc de Saxe Gotha etc. La cérémonie s'est faite à environ huit heures du soir, avant le repas? en pr´sence de toute la cour de L.L. A.A. S.S.Madame la duchesse de Courlande née Pr. de Waldeck, de Mesdemois. Princesses Amélie  et Louise de Hesse-Darmstadt et des Msgrs. les Princes Frédéric et Chrétien de Darmstadt et des gentilshommes et Dames de leur Suite."
[2] Briefe an und von Joh. Heinrich Merck, herausg. von Dr. Karl Wagner, Darmst., 1838, S. 97, Nr. 44, Merck an ....
[3] Briefe an J. J. Merck von Goethe etc., herausg. v. Wagner, S. 78
[4] Geb. 16. Sept. 1710, vermählt 1738, gest. 19 März 1758
[5] Wir geben diese Lebensnachrichten über ihn nach den F a m i l i e n p a p i e r e n, mit welchen u. a. verglichen sind: v. S ch ö n i n g, "die Generale der kurbrandenb. u. preuß. Armee" S. 183, und v. L e d e b u r, "Adelslexicon" Bd. II, S. 487. Die Familienpapiere weisen nach, daß Gustav v. Stockhausen zwei Geschwister hatte: einen Bruder, Karl Sigismund, geb. 1739, der Lieutenant im Regiment v. Bewern war und 1774 in der Oder ertrank; und eine Schwester, Charlotte Auguste Philippine, welche mit dem Erblandmundschenk v. Wussow auf Kurow in Pommern sich vermählte und am 12. Jan. 1799 starb.
[6] Christiane Sophie Ernestine v. Ziegler, geb. 4. Sept. 1749 in Gotha, gest. 2. Aug. 1821 in Homburg. Außer dieser Schwester hatte Frau v. Stockhausen noch einen Bruder, Wolf v. Ziegler, der Hauptmann in niederländischen Diensten war und später in Gotha lebte, wo er 1818 starb.
[7] Nach den Familienpapieren. Vgl. auch v. Schöning a. a. D. S. 298.
[8] Geschichte des preuß. Staates u, Volkes, Bd. VII, S. 106.
[9] A. a. D., Bd. VII, S. 172.
[10] Geb. 25. Aug. 1777, gest. 13. Nov. 1850.
[11] Der Güte des Freiherrn Heinrich v. Stockhausen verdanken wir die Lebensnachrichten über seine Urgroßmutter und deren Nachkommen.

Nachträge

   Zu Seite 177.

   Ueber den ausgezeichneten Generallieutenant v. S t o ck h a u s e n (den Sohn Lila's) gibt Wilhelm Baron v. Rahden "Wanderungen eines alten Soldaten" Berlin, 1816, der als junger Offizier in Breslau im 11. Infanterie-Regimente, welches der damalige Oberst v. Stockhausen befehligte, gedient hatte, sehr ausführlich Nachrichten (Thl. II., S. 138 ff.), von welchen wir Anfang und Schluß hier mittheilen: "Unser trefflicher Oberst v. Stockhausen, schon seit 1823 nach Berlin berufen, war noch immer bei uns im liebevollsten Andenken. Als derselbe uns entrissen wurde, begleitete ihn das ganze Regiment, Offiziere und Soldaten, beinahe zweitausend an der Zahl, weit über die Stadt hinaus in's freie Feld, und jeder Einzelne trauerte und klagte unter dem wolkenbedeckten Himmel über den herben Verlust; denn solche einstimmige Liebe und Verehrung der Untergebenen zu ihrem Vorgesetzten hatte sich gewiß noch nie ausgesprochen. - Und so lange nur noch ein Mann von jenen Zweitausenden athmet, so lange lebt v. Stockhausen's Andenken; sein Ruhm wird zur Tradition bei unseren jüngeren Brudern werden, und niemals wollen wir es vergessen, daß unser v. Stockhausen ein braver, rechtschaffener und seltener Mann war. - Es ist nun meine Absicht, den scharfen und aufrichtigen Facten, zu beweisen, daß Joh. Carl Friedrich Ludw. Freiherr v. Stockhausen auch ein edler Deutscher und hochherziger Preuße, einer der ausgezeichnetsten Soldaten des Heeres und der treueste Diener seines Königs gewesen ist.
   Am Schlusse sagte v. Rhaden: "Der Zufall fügte es, daß v. Stockhausen von seinen lieben 11. Regimente die letzten militärischen Ehren empfangen hat. In Glatz garnisonierte nämlich das Füsilier-Bataillon genannten Regiments, und als wir nun, - denn ich lebte seit meiner Rückkehr aus Spanien in der Nähe von Glatz - unseren geliebten v. Stockhausen hinauftrugen auf den Militär-Kirchhof, wo er sein letztes Ruheplätzchen gefunden, da weinten die alten bärtigen Soldaten bittere Thränen und erzählten ihren jüngeren Brüdern: "" Das war ein braver rechtschaffener Mann!"" Und als der königliche Prinz (Albrecht) seines treuen Lehrers und väterlichen Freundes Grabmal besuchte, da flossen ebenfalls Thränen der Dankbarkeit, und ich halte es für das größte Lob, welches ich dem Königssohne spenden mag, daß derselbe in diesem Augenblicke tiefster Rührung laut bekannte: ""Wir Fürsten haben selten aufrichtige Anhänger; dies war aber ein wahrer und treuer Freund.""
   Hier noch ein kurzes Urtheil über v. Stockhausen als Militär: "Er war praktisch und tüchtig in jeder Lage des Lebens, seine Instructionen waren kurz und lehrreich, seine Dispositionen bestimmt und sicher; in der Ausführung war er ruhig, aber präcis wie der Gedanke. Dabei kam ihm sein klarer, blitzesschneller, militärischer Ueberblick, seine Entschlossenheit als Grundzug seines Charakters, und der unbeugsame Sinne, welchen Erfahrung gestählt hatte, gar trefflich zu statten. Er war zum Feldherrn geboren; schade also, sage ich, daß Zeit und Verhältnisse ihn nicht an die Spitze der Armeen geführt haben und er nicht wie Keith und Schwerin gefallen ist!"1

   "Im V i e r t e s  K a p i t e l. Die Empfindsamen erzählt Dr. Adalbert von Hanstein unter der Seitenkopfzeile "Fräulein von Roussillion und Luise von Ziegler in Darmstadt" ...
   Das war von nun an das Problem seiner Dichterseele. Es sollte ihn lange nicht verlassen.
   Aber andere Frauenkreise winkten ihm schon befreiend. Er lernte den Darmstädter Merck kennen und der holte ihn bald genug hinüber zu den Empfindsamen im Herrengarten der Landgräfin Karoline.
   Dort war auf den fröhlichen Sommer 1771 mit seinen äthetischen Landpartien, literarischen Theeabenden und Gartenschwärmereien eine Ernüchterung gefolgt! Fräulein von R o u s s i l l i o n, die Hofdame der Herzogin von Pfalz-Zweibrücken, der Mutter der großen Landgräfin, unter den Darmstädter Schöngeistern als "Urania" besungen, war erkrankt. Merck mußte ihr Gesellschaft leisten, sofern er nicht bei Hofe englische Stunden gab. --- Leuchsenring war verreist --- da erscheint aus dem benachbarten und verwandten Homburg das Fräulein L u i s e  v o n  Z i e g l e r. Die große Landgräfin hatte für ihre nach Homburg verheiratete Tochter Karoline eine Dame gesucht, "die keine Neigung zur Intrigue, Klatschereien und Mängeleien hätte"; die auch nicht zum Schmeicheln geneigt sei und nicht Zerstreuungen liebe, da sie sich sonst in dem kleinen Homburg langweilen würde. Als allen diesen Anforderungen entsprechend ward ihr Fräulein von Ziegler empfohlen. Ein gutes Herz, ein warmes Gefühl und ein heller Geist waren diesem Mädchen eigen, leider aber auch eine ganze Ausstellung von empfindsam gutmütigen Narrheiten. So hatte sie in ihrem Garten ihr Grab und --- einen Thron; beständig führte sie an blauem Bande ihr Lieblingsschäfchen mit sich, das mit ihr schlief, aß und trank. Das alles berichtet sehr entzückt Karoline an ihren Bräutigam, nennt das Mädchen einen "Engel" und empfängt freudige Zustimmung von Seiten des Herrn Predigers in Bückeburg. Ja, bis lange nach ihrer Verheiratung, als Karoline längst eine Frau Herder, und Luise längst eine Frau v o n  S t o ck h a u s e n geworden war, dauerte der Freundschaftsbund fort. Luise war wie Gleim nicht für die Liebe, sondern für die schwärmerische Freundschaft geschaffen. Trotzdem hatte sie mehrmals geliebt, erst einen Livländer: von Reutern, dann einen Darmstädter Hofmeister: von Rathsamhausen, und dann erglühte das empfindsame Herzchen "Lilas" für den jungen Titanen, der um die Zeit ihrer beginnenden Freundschaft mit der jungen Flachsländin zum ersten mal nach Darmstadt kam, für Goethe.
   Das Herz voll Lebenslust, das Haupt voll Lieder, so trat er bezaubernd in den Kreis der Darmstädter Dämlein. Jetzt hieß es wieder: schwärmen in Wald und Flur! Wo vor einiger Zeit Herder's weiche schöne Stimme Klopstock's Oden gesprochen hatte, da schmetterte jetzt das volle Organ des jungen Goethe dieselben Lieder. Geneigt, wie immer in seiner glücklichen Jugend, jede neue Tollheit sogleich liebenswürdig mitzumachen, wählte er sich einen Fels, den "nur er ersteigen konnte" und weihte ihn durch Einhauen seines Namens. Karolinen, von der er ja durch Herder schon in Straßburg gehört hatte, gewann er herzlich lieb, und auch sie floß durch Begeisterung über in ihren Briefen an den darüber nicht sonderlich erfreuten Bräutigam. Dieser wurde bald genug von Leuchsenring in seiner Eifersuch auf den jungen Helden bestärkt, den er um seiner "Felsweihe" willen einen Götzenpriester nannte. Freilich blieb ihm der nun schon selbstbewußte Goethe die Antwort darauf nicht schuldig.
   Karoline galt in diesem Kreise neben "Urania" und "Lila" als "Psyche"; denn auch die geheimnisvollen Namen gehörten, wie schon im Eremitenorden zu Gotha, so erst recht hier zur Sache, wo Leuchsenring den Stab des Zeremonienmeisters schwang. Bald erglühte Lilas Herzchen für Goethe. Wie er aus seinem Götz vorliest und seine neuesten Lieder zum besten giebt, erbeben die Mädchenherzen, wie einst die Züricherinnen, als Klopstock seinen Messias las. "Goethe ist so ein gutherziger, munterer Mensch, ohne gelehrten Zierat, und hat sich mit Merck's Kindern soviel zu schaffen gemacht, und eine gewisse Ähnlichkeit in Ton oder Sprache oder irgend was mit Ihnen, daß ich ihm überall nachgegangen". So schreibt Psyche-Karoline an Herder; kann sie ihm doch gleichzeitig mitteilen, wie sehr Goethe begeistert ist für ihn, seinen Lehrer aus Straßburgs dunklem Zimmer! Lila hat zweifellos gemeint, daß auch Goethe sie liebe, denn noch kurz nach ihrer Verheiratung glaubt die Gute, daß sie ihn dadurch unglücklich gemacht habe. Auch Karoline-Psyche hatte bedauert, daß Goethe nicht von Adel sei, und daher das herrliche Mädchen nicht heiraten könne. Wie weng kannten sie alle den ungezügelten Freiheitssinn des jungen "Wanderers", wie sie ihn nach seinem gleichnamigen Gedichte nicht unpassend für sein ganzes damaliges Wesen nannten. Übrigens fehlte es Fräulein Lila nicht an Bewerbern, abgesehen davon, daß Merck sie in seinen Gedichten anschwärmte, obwohl er ja schon lange Ehemann war. Einmal schreibt Karoline: "Meiner Freundin Lämmchen ist tot, dafür hat sie jetzt einen treuen Hund. Hätte doch ihr Herz einen treuen Freund, ders wenigstens verdiente! Da nagt den halben Sommer über ein Deutsch-Franzos, ein Berliner, eine fade Kreatur, ein Deutscher, der kein Deutsch spricht Herr von Boden genannt, an ihrem Herzen um Liebe." Das gute Mädchen fühlte nichts, war ihm aber herzlich gut, und beinahe --- wäre Merck und ihre Freunde nicht gewesen, hätte sie ihm ihr Herz gegeben, ohne daß sie selbst gewußt hätte, wie. Sie hat einmal Reutern geliebt und kann keinen anderen Mann mehr ganz lieben. Ein junger, schöner, reicher Mensch aus Zweibrücken liebt sie schon von ihrem fünfzehnten Jahre an, sie ihn nicht; er ist darüber krank, elend und in ihrer Abwesenheit todkrank an einer Auszehrung gelegen. Ich habe ihn aus lauter Mitleid lieb, recht lieb und habe für ihn bei ihr gebeten --- denn er muß gewiß eine schöne Seele haben --- aber sie kann nichts für ihn thun. Hier ist selbst ein Brief von ihr, den ich gestern bekam. Die arme Seele wandert immer allein". Dennoch reichte sie zwei jahre später ihre Hand dem Preußischen Premierleutenant Gustav von Stockhausen, der zu jener Zeit in Anklam im Regiment Alt-Stutterheim stand und es später bis zum General brachte. Alles war damals betrübt um ihren Weggang. Im Jahre 1772 aber galt sie noch für völlig spröde, und Goethe tändelte auch nur mit ihr. ...2

Quellenverzeichnis:
[1] Karl Schwartz, Landgraf Friedrich V. von Hessen-Homburg und seine Familie. Aus Archivalien und Familienpapieren, Erster Band: Biographie des Landgrafen, mit Nachrichten über Vorfahren, Familie, Umgebung und Beziehungen zu berühmten Zeitgenossen, Buchhandlung der F. priv. Hofbuchdruckerei, Rudolstadt 1878
[2] Dr. Adalbert von Hanstein, Die Frauen in der Jugendzeit der großen Volkserzieher und der großen Dichter, Mit elf Kunstbeilagen und einem Textbilde, Verlag von Freund & Wittig, Leipzig 1900, S. 134 bis 136GoogleBooks