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Den ersten Versuch die Steigung vom Waldschlösschen zum Weißer Hirsch mit einem Dampfomnibus zu überwinden, gab es 1886. Nach 8tätigem Dienst wurde die Fahrten verboten. Der Betrieb erfolgte zu laut und bedrohte den Verkehr auf der Bautzner Landstraße mit Fuhrwerken.1 Das dürfte auch den Herrschaften in den Elbschlössern mißfallen haben. 1887 berichtete dann die "Dresdner Nachrichten" über den Test mit einem Omnibus der Maschinenfabrik Michaelis aus Chemnitz:

   Am Sonnabend reisten 4 Herren von hier nach Chemnitz, um in der Maschinenfabrik von Michaelis einen S t r a ß e n d a m p f w a g e n zu besichtigen, den man zur Verkehrsvermittlung zwischen W a l d s ch l ö ß ch e n und dem W e i ß e n  H i r s ch, deren Verbindung bisher nur mit mancherlei Hindernissen zu bewerkstelligen ist, anzuschaffen beabsichtigt. Der Wagen besteht aus einem 20 Personen fassenden Coupee, an welches die Maschine mit aufrecht stehendem Kessel stößt. Es wurde eine Probefahrt von der auf der Zschopauerstraße stehenden Fabrik aus nach Altenhain, 7 Kilometer von Chemnitz entfernt, auf der durchgehends aufsteigenden Landstraße in 30 Minuten zurückgelegt, der Rückweg bergab in derselben Zeit. Der Wagen ruht nur auf 4 Rädern, von denen die hinteren Kammräder, die vorderen aber glatte sind. Obwohl die Straße nicht durchweg gut war, arbeitete die Maschine doch ruhig über die schlechten Stellen weg. Die Heizung der Maschine geschieht mit Coke, dieselbe verbreitet also keinen Kohlenrauch und entströmen dem Kessel nur die überschüssigen Wasserdämpfe. Für die Strecke vom Waldschlößchen nach dem Weißen Hirsch wird der Straßendampfwagen sehr leicht gehen, da Berge bei dieser Steigung für denselben kein Hemmniß sind. Möchte das Unternehmen in's Leben treten, um unserem prächtigen klimatischen Kurort in der Nähe von Dresden mit der Stadt in leichte und bequeme Verbindung zu bringen. [DN 15.2.1887]
   W e i ß e r  H i r s ch. Der Verbindung unseres Ortes mit der Residenz (Waldschlößchen) per Dampfomnibus steht nur noch ein Hinderniß im Wege. Wer übernimmt nämlich die Garantie bei eventuell vorkommenden Unglücksfällen, wenn z. B. durch die Dampfmaschine Pferde scheu werden, durchgehen und der Kutscher dabei zu Schaden kommt. u. A. m. Gewiß ist diese Frage und Vorsicht ganz am Platze. Nur wollen wir hoffen, daß an derselben nicht etwa das Inkraftreten des hier mit großer Freude begrüßten Unternehmens scheitert. Die Sekundärbahnen haben ja wohl zur Genüge gelehrt, daß die Gefahr wahrlich nicht so groß ist, als man glaubt, und somit die Garantie ruhig übernommen werden kann. [DN 9.4.1887]
   Gestern Vormittag fand auf der B a u t z n e r st r a ß e die behördliche Besichtigung des Platzes am Ausgange der Markgrafenstraße statt, wo eine Wartehalle der Pferdebahn erbaut werden soll, was sich um deswillen nothwendig machen soll, weil die Wagen der Linie Reichsstraße-Bautznerstraße in der Markgrafenstraße nicht mehr halten, sondern durch die Markgrafenstraße nach dem Bischofsweg durchfahren werden.
   Am 4. Mai findet die Probefahrt mit dem D a m p f - O m n i b u s nach dem W e i ß e n  H i r s ch statt. Nach befriedigendem Verlauf derselben werden mit demselben die regelmäßigen Fahrten zunächst auf 4 Wochen ausgeführt werden. [DN 27.4.1887]
   Die offiziellen Probefahrten mit dem D a m p f o m n i b u s vom Waldschlößchen nach dem Weißen Hirsch sollen nunmehr nach erfolgter Genehmigung der Königl. und städtischen Behörden von dem Erfinder, Hermann Michaelis in Chemnitz, und dem Bankier Emil Quellmalz in Dresden nächsten Donnerstag Vormittags 10 Uhr, Nachmittags 3 und 5 Uhr ab Waldschlößchen stattfinden, nachdem zuvor der Wagen vom Bahnhofe dorthin überführt sein wird. Dieser Dampfomnibus hat 20 Sitzplätze im Innern und 6 Stehplätze auf dem Außenperron, auch ist derselbe überdies so eingerichtet, daß weitere 20 Deckplätze leicht angebracht werden können. Während man bei früheren Versuchen bestrebt war, immer die Lokomotive wie bei den Eisenbahnen als Zugmaschine zum Ausgangspunkte zu nehmen, wenn man die Dampfkraft für das Fortschaffen von Lasten oder Personen auf gewöhnlichen Straßen nutzbar machen wollte, und diese Motoren überdies meist so schwer konstruirt waren, daß ihr Eigengewicht die Straßen und Brücken etc. schwer schädigte, wie auch von diesen Straßenlokomotiven, die meist geräuschvoll mit großer Anstrengung arbeiteten, viel Dampf und Rauch ausgestoßen wurde, so daß infolge dessen die Pferde scheuten und nur schwer zu beruhigen waren, so hat der Michaelische Dampfwagen durch seine einfache Construktion alle diese Nachtheile beseitigt, indem derselbe das todte Gewicht der Maschine durch das lebendige Gewicht der Fracht zur Vermehrung der Reibung der betriebenen Räder benutzt. Die mit diesem neuen Motor seit Jahren eine Meile weit auf der nach Zschopau führenden bekanntlich oft sehr steil (1:11) aufsteigenden Bergstraße gemachten Probefahrten haben dies zur Genüge dargethan. Die Maschine arbeitet ohne alle Anstrengung und überwand alle Hindernisse mit Leichtigkeit und ohne größeres Geräusch, welches gefährlich für den Straßenverkehr werden könnte. Wenn auch ab und zu die Pferde vorüberfahrender Geschirre scheuten, wie dieses ja auch bei jeden ungewohnten anderen von Pferden gezogenen Fuhrwerken der Fall ist, z. B. Pferdebahnwagen, Lokomotiventransporten, ja selbst Möbel- und Lastwagen, so ließen sie sich doch leicht beruhigen, um so leichter als die Maschine befähigt ist, in solchen Fällen kurze Zeit ohne sichtbaren Rauch und Absonderungsdampf zu arbeiten, und der Wagen überdies à tempo der Bremse gehorcht und sofort ohne Geräusch stehen bleiben oder langsam vorbeifahren kann. Der Dampfomnibus ist ein mit einem stehenden Dampfkessel und einer Zwillingsmaschine ausgerüsteter, auf Federn ruhender Wagen, dessen ca. 1 Meter hohe Hinterräder von der Maschine betrieben werden. Der hierzu angewendete Mechanismus ist einfach und hat günstige Maßverhältnisse. Die lenkbaren, freilaufenden, etwas niederen Vorderräder werden mittelst eines Zahnkranzes sicher und leicht bewegt und dadurch ein viel zuverlässigeres und rasches Manövriren des Wagens erreicht. Der Durchmesser und die Breite der Räder sind so gewählt, daß nicht nur das Pflaster und bezüglich der Straßendamm besser geschont wird, als bei anderen Fuhrwerken, die schwere Lasten fortschaffen, sondern daß man mit diesem Dampfwagen auch Wege befahren kann, die keine Musterchausseen sind. Man hat seither zur Beruhigung der Passanten den Dampfwagen von zwei Mann bedienen lassen, damit sowohl die hinterherfahrenden Geschirre, als auch die entgegenkommenden beobachtet werden können und event. Ausbrechen der Pferde vorgebeugt werden kann. Noch viel wichtiger aber als zum Fortschaffen von Personen wird dieser Dampfwagen zum Fortschaffen von größeren Lasten sein, denn wenn man erwägt, daß ein solcher Wagen bei 2 Meter Breite und 7 Meter Länge einen Bodenraum von 9,5 Quadratmeter hat und bei ca. 3 Meter Höhe mit einer Maximaltragkraft von 240 Centner selbst bei Steigungen von 1:11, während sonst zu einer gleichen Leistung mindestens zwei vierspännige Frachtfuhrwerke erforderlich sein würden, so leuchtet ein, daß dergleichen Straßendampfwagen sehr wesentliche wirthschaftliche Vortheile bieten müssen und überall da rentabel zur Verwendung kommen werden, wo schwere Lasten regelmäßig fortzuschaffen sind. [DN 3.5.1887]
   Die morgige Probefahrt des D a m p f o m n i b u s nach dem Weißen Hirsch geschieht in drei Abtheilungen und zwar früh 10 Uhr durch die Unternehmer, um 3 Uhr Nachmittags sind der Rath der Stadt und Abends 5 Uhr die Vertreter der Presse eingeladen. [DN 4.5.1887]
   Als vorgestern Nachmittag der D a m p f o m n i b u s, nachdem er sein Tagewerk zu allgemeiner Zufriedenheit erledigt hatte, in den Hof des Kurhauses zum Weißen Hirsch geführt werden sollte, passirte ihm ein kleines Malheur. Man hatte aus besonderen Gründen den hinteren Eingang benutzen wollen und eigens zu diesem Zweck zwei Eckpfeiler entfernt, als der Boden plötzlich unter der bedeutenden Last des Dampfrosses wich und dasselbe ein paar Fuß in den nachgebenden Erdboden einsank. Es gelang jedoch das Gefährt in kurzer Zeit wieder flott zu machen. [DN 7.5.1887]
   Die D a m p f o m n i b u s - Verbindung der Residenz mit dem W e i ß e n  H i r s ch hatte für die Feiertage eine wahre Völkerwanderung nach diesem Ort hervorgerufen. Alles wollte mit Dampf fahren, und doch konnten immer nur 24 Personen Plätze finden, welche aber gewöhnlich schon eine Viertelstunde vor Abfahrt besetzt waren. Die Fahrten selbst gingen, das Scheuen einiger Gäule abgerechnet, ausgezeichnet. Die Fahrzeit beträgt jetzt 20 Minuten; und wenn auch manche Fuhrwerksbesitzer, Droschkenführer, Kohlen- und Milchfuhrleute sich noch nicht recht mit dem neuen Fahrzeug befreunden wollen, so wird gewiß auch hier die Macht der Gewohnheit bald Ordnung schaffen und Alles in gewohnte Gleise bringen. Bezüglich der Abonnementskarten wünscht man solche mit nur 10 Coupons statt 25. [DN 2.6.1887]
   Der Betrieb des D a m p f o m n i b u s nach dem W e i ß e n  H i r s ch ist seit vorgestern einstweilen eingestellt worden. Vor einigen Tagen hatten die Pferde eines Geschirres aus Weissig bei Begegnung des Omnibusses gescheut, waren durchgegangen und der Kutscher hatte, indem er geschleift wurde, sehr schwere Verletzungen erlitten. Er mußte nach der Diakonissen-Anstalt gebracht werden. Wen ein Verschulden an dem Vorfall trifft, ist noch nicht festgestellt. [DN 9.6.1887]
   Der D a m p f o m n i b u s, mit welchem der Verkehr zwischen Dresden und dem Weißen Hirsch auf einige Zeit hergestellt wurde, dessen Betrieb aber bis zur Erfüllung von den Behörden gestellten Bedingungen eingestellt werden mußte, wird in den nächsten Tagen wieder nach Chemnitz transportirt werden, und scheint man sonach das Unternehmen ganz aufgegeben zu haben. [DN 17.6.1887]
   Gestern Morgen fuhr der D a m p f - O m n i b u s vom Weißen Hirsch nach dem Waldschlößchen und dann durch die Stadt, die Schillerstraße entlang nach dem Schlesischen Bahnhof, um per Lowry weitergeführt und anderwärts zu fernerweit zugesagten Einführungs-Probefahrten benutzt zu werden. [DN 24.6.1887]

4.

Die Vorschrift in § 3 Nr. 1 der Publ.-Verordnung zum BGB vom 2. Januar 1863, betreffend die Gültigkeit der in Verwaltungsgesetzen zugleich über Gegenstände des bürgerlichen Rechts mit enthaltenen Bestimmungen, findet auch Anwendung auf Bestimmungen, welche die Verwaltungsministerien kraft gesetzlicher Ermächtigung über die Haftung der Veranstalter von Dampfomnibusfahrten für deren Bedienstete bekanntgemacht haben.

--- Urtheil des I. Senats vom 20. Juni 1888; no. O. L. 1888. ---

G r ü n d e.

   Die von den Ministerien der Finanzen und des Innern erlassene Verordnung vom 26. September 1873, den Transport von Straßenlocomotiven betreffend (Ges.- u. V.-Bl. 1873 S. 525 flg.), schreibt unter Nr. 7 der Anlage * vor, der Eigenthümer der Maschinen sei verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß Fuhrwerke, Reiter, Viehtransporte, sowie sonstige Passage von Maschinenzug ohne Nachtheil passiren können und namentlich durch das Scheuwerden von Pferden Gefahr nicht entstehe; es seien daher bei Begegnungen die bestehenden Vorschriften über das Ausweichen gehörig zu beobachten, auch wo es nöthig erscheine, hiebei die Maschine in Ruhe zu setzen. Außerdem seien den Maschinen geeignete, zuverlässige Leute als Begleiter zu dem Zwecke beizugeben, damit dieselben unter anderem die Führer sich nähernder Fuhrwerke bei Beruhigung ihrer Thiere unterstützen; der Eigenthümer der Maschinen habe hierbei allenthalben die von seinen Beauftragten etwa verschuldeten Nachtheile Anderer zu tragen. Ferner ist in der Bekanntmachung vom 13. März 1887, welche nach Genehmigung des Unternehmens der Beklagten durch die Ministerien des Innern und der Finanzen von den zuständigen Behörden, dem Stadtrathe und der Polizeidirektion sowie der Amtshauptmannschaft zu Dresden erlassen und in deren Amtsblatte, dem Dresdner Anzeiger, veröffentlicht worden ist, unter Nr. 4 bestimmt, es müsse außer dem Maschinenführer noch ein Begleiter bei dem Dampfomnibusse sein, welcher namentlich den Führern begegnender Geschirre zur Beruhigung der Zugthiere, soweit nöthig, Hülfe zu leisten habe. Dem Dampfomnibus der Beklagten waren demgemäß am 6. Juni 1887 der Maschinenführer D. und der Heizer W. beigegeben. Ersterer hatte, wie sich aus seiner eigenen Zeugenaussage ergiebt, die Maschine zu leiten und zum Halten zu bringen, auch den Verkehr mit dem Publikum zu besorgen; der Heizer, welcher dem Maschinenführer untergeben war, muß als diejenige Person angesehen werden, welche nach den angeführten Vorschriften im Bedarfsfalle den Führern begegnender Geschirre zur Beruhigung ihrer Thiere Hülfe zu leisten hatte.
   Nach den glaubhaften Aussagen der Zeugen hat sich der Unfall des Klägers am 6. Juni 1887 so zugetragen, daß das Pferd desselben beim Herannahen des Dampfomnibus sehr unruhig geworden ist, nach der Seite der Straße zu gedrängt hat, ungeachtet es vom Kläger kurz am Zügel geführt wurde, dann aber, als des Klägers Geschirr und der Dampfomnibus ungefähr in gleicher Straßenhöhe sich befanden und nun unerwartet aus einer der Stopfbüchsen des Omnibus nach der Seite des Geschirres zu eine Dampfausströmung stattfand, vollends scheu geworden und mit einem großen Sprung durchgegangen ist, hierbei den Kläger ein Stück mit sich fortschleifend. Ungeachtet der Kläger schon aus der Ferne durch Winken den Maschinenführer aufgefordert hatte, den Omnibus halten zu lassen, hat dieser dies erst gethan, als das Pferd bereits durchgegangen war; auch ist weder der Maschinenführer noch der Heizer dem Kläger zur Beruhigung des Pferdes behülflich geworden. D. will zwar weder die Winke des Klägers gesehen, noch die angeblichen Zurufe desselben gehört haben; immerhin ist ihm aber nach seiner eigenen Sachdarstellung nicht entgangen, wie das Pferd schon in einer Entfernung von 50 Schritt unruhig geworden und nach der Seite der Straße auf einen Steinhaufen gelaufen war. Er selbst bemerkt, das Thier sei, ehe der Wagen des Klägers herankam, n o ch  n i ch t  r i ch t i g  s ch e u gewesen und erkennt damit deutlich genug an, daß das Thier geängstigt und unruhig geworden und ihm dies nicht entgangen war; er mußte sich auch sagen, daß bei weiterer Annäherung des Dampfwagens die Beängstigung und Unruhe des Pferdes noch gesteigert werden mußte. Hiernach erschien es im Sinne der angezogenen Betriebsvorschriften nöthig, daß D. die Maschine in Ruhe setzte, was nach seiner eigenen Angabe ohne großen Aufenthalt und ohne störende Dampfausströmungen geschehen konnte, und daß er den ihm untergebenen Heizer dem Kläger zur Hülfeleistung bei Beruhigung des Thieres zusendete. Wäre dies geschehen, so wäre die Dampfausströmung aus der Stopfbüchse, welche beim Stillstehen des Omnibus nicht möglich war, unterblieben und das erst durch diese plötzliche Dampfausströmung neu erschreckte und nun erst vollends scheu gewordene Pferd annehmbar gefahrlos beruhigt worden. Mithin ist unerheblich, ob die Dampfausströmung aus der Stopfbüchse während des Ganges der Maschine auf einem auch bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht vermeidbaren Zufalle beruht habe. Die Annahme, daß das Pferd des Klägers durch dessen eigene oder seiner Ehefrau Schuld scheu geworden sei, findet in den Beweiserhebungen keine Unterstützung, vielmehr erhellt deutlich, daß lediglich die seitliche Dampfausströmung den Anlaß zum Scheuwerden und Durchgehen des Pferdes gegeben hat. Andererseits hat es der Sachverständige nicht als unzweckmäßig bezeichnet, daß der Kläger mit Rücksicht auf die Unruhe des Pferdes vom Wagen abgestiegen ist und dasselbe kurz am Zügel geführt hat. Der von den Beklagten behauptete Umstand, daß das Pferd ungenügend nur mit einer sogenannten Wassertrense gezäumt gewesen sei, ist gleichfalls unerheblich. Durch die Verordnung vom 9. Juli 1872, den Verkehr auf öffentlichen Wegen betreffend, § 1 Nr. 16 in Verbindung mit der Verordnung vom 12. August 1873 (Ges.- u. V.-Bl. S. 515) ist zur Leitung der eingespannten Pferde, ausgenommen für Ackerfuhren nur der Gebrauch des Doppel- oder Kreuzzügels vorgeschrieben; sonstige Vorschriften über die Zäumung der Pferde bestehen nicht. Selbst wenn aber des Klägers Pferd nach allgemeinen Grundsätzen des Fuhrwesens unzweckmäßig gezäumt gewesen wäre, würde nicht anzunehmen sein, daß hierdurch der Unfall veranlaßt worden sei. Kläger hatte das Pferd bis zu der plötzlichen Dampfausströmung noch in seiner Gewalt und es fehlt an jedem Anhalten dafür, daß dasselbe bei besserer Zäumung dieser Dampfausströmung gegenüber sich anders verhalten und am Durchgehen vom Kläger allein hätte verhindert werden können. Die Erfahrung lehrt, daß Pferde selbst bei einer allen Anforderungen genügenden Zäumung in Folge plötzlichen Erschreckens durchgehen und daran durch die Kraft eines einzelnen Mannes in der Regel nicht gehindert werden können.
   Aus dem Bemerkten erhellt, daß der Unfall durch ein Verschulden des Maschinenführers, begangen durch Unterlassung der ihm obliegenden Vorsichtsmaßregeln bei der ihm übertragenen Leitung des Dampfomnibus, herbeigeführt worden ist. D. wurde hierdurch nach den Bestimmungen der §§ 1483, 1484, 1486 des BGB.'s schädenpflichtig. Eine Unbekanntschaft desselben mit den angeführten Bestimmungen der Verordnung vom 26. September 1873 und der Bekanntmachung vom 13. Mai 1887 ist nicht zu vermuthen und weder von ihm selbst noch von den Beklagten behauptet worden. Er würde sich auch gegenüber der ordnungsmäßig erfolgten Veröffentlichung der Bestimmungen auf deren Unkenntniß mit Erfolg nicht berufen können. Hätte man gleichwohl eine solche Berufung zuzulassen, so würde hierdurch an der Sachlage zu Gunsten der Beklagten nichts geändert. Denn diese hätten dann ihrerseits gegen die Bestimmungen der Verordnung (Anlage * Nr. 7 Abs. 1) dadurch verstoßen, daß sie unterlassen haben, das von ihnen angenommene Betriebspersonal von den zu beobachtenden Vorschriften zu unterrichten und mit den nöthigen Weisungen zu versehen, und sie würden hierdurch dem Kläger unmittelbar nach den §§ 1483 flg. des BGB.'s schadensersatzpflichtig geworden sein.
   Aber auch den von D. allein verschuldeten Nachtheil des Klägers haben die Beklagten nach der bereits erwähnten Bestimmung der Verordnung vom 26. September 1873 zu vertreten. Die erste Instanz hat zutreffend ausgeführt, daß als "Eigenthümer der Maschine" im Sinne dieser Verordnung, welche, wie in ihrem Eingange hervorgehoben wird, "im Hinblick auf die auf den Schutz der Wege und die Sicherheit des Verkehrs zu nehmenden Rücksichten" erlassen worden ist, nicht sowohl derjenige, dem das Eigenthum im bürgerlichrechtlichen Sinne an der Maschine zusteht, als vielmehr diejenige Person zu gelten hat, welche eine Straßenlokomotive "in Thätigkeit gesetzt" (vergl. den Eingang der Verordnung), "also der Unternehmer des Transports", wie die nämliche Person an anderer Stelle der Verordnung (s. Nr. 1 der Anlage *) ausdrücklich bezeichnet worden ist. Bedenklich aber ist die weitere Ansicht der ersten Instanz, daß die Beklagten, indem sie sich gegenüber den zur Genehmigung ihres Unternehmens zuständigen öffentlichen Behörden den Bestimmungen der Verordnung und hierbei auch der ihre Haftpflicht betreffenden Vorschrift unterwarfen, mit diesen Behörden einen nach § 853 des BGB.'s zu beurtheilenden Vertrag zu Gunsten aller etwa bei dem Betriebe des Omnibus geschädigten dritten Personen abgeschlossen haben, auf Grund dessen diese nach § 854 des BGB.'s ein eigenes Recht auf Schadensersatzleistung gegen die Beklagten erwerben konnten. Die Verordnung vom 16. September 1873 ist von den betheiligten Ministerien im öffentlichen Interesse, zur Wahrung der Verkehrssicherheit Kraft der Staatsgewalt als eine für jeden Betriebsunternehmer auch ohne besondere Unterwerfung darunter verbindliche Norm erlassen worden, und es hat ebenso diesen Ministerien bei Ertheilung der nach dem Vorbehalte im Eingange der Verordnung (vergl. hierzu § 35 der Verordnung vom 6. Juli 1871 S. 156 des Ges.- u. V.-Bl.) bei ihnen einzuholen gewesenen Genehmigung des Unternehmens der Beklagten, wie den ausführenden unteren Verwaltungsbehörden die Absicht sicherlich fern gelegen, mit den Beklagten rücksichtlich der von diesen an dritte Personen eintretenden Falles zu gewährenden Schadensersatzleistungen in ein nach dem bürgerlichen Rechte zu beurtheilendes Vertragsverhältniß einzutreten und auch für sich (vergl. § 853 des BGB.'s) Forderungsrechte auf Leistung dieses Schadensersatzes zu erwerben (vergl. A n n a l e n des vormal. DAG.'s 2. F. Bd. 2 S. 220). Die Bestimmung der Verordnung über die Haftpflicht der Transportunternehmer (Eigenthümer der Maschinen) für das Verschulden ihrer Bediensteten ist für die Beklagten unmittelbar und unabhängig von ihrer ausdrücklichen Unterwerfung unter die Vorschrift verbindlich, selbst wenn nach sonstigen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts eine solche Haftpflicht des Dienstherrn für die Verschuldung seiner Bediensteten nicht anzuerkennen wäre. Schon das Steuerstrafgesetz vom 4. April 1838 enthielt zu den darin getroffenen straßenpolizeilichen Vorschriften in § 56 die Bestimmung, daß "der Eigenthümer des Geschirres oder der Thiere für die von seinen Angehörigen oder Dienstleuten defraudirten Chaussee- und Brückenabgaben nebst den sowohl deshalb als auch wegen anderer Contraventionen gegen chaussee- und brückenpolizeiliche Bestimmungen verwirkten Strafen, Kosten und E n t s ch ä d i g u n g s a n s p r ü ch e n verhaftet sei." Als durch das Gesetz vom 2. Juli 1872 (Ges.- u. V.-Bl. S. 329) unter anderem die im Steuerstrafgesetze enthaltenen Strafbestimmungen, soweit sie sich auf chaussee- und brückenpolizeiliche Vergehen beziehen, außer Kraft gesetzt wurden (§ 1), wurden zugleich die Ministerien der Finanzen und des Innern ermächtigt, die zur Regelung des Verkehrs auf den öffentlichen Straßen und zu deren Schutze erforderlichen polizeilichen Vorschriften im Verordnungswege zu erlassen (§ 2 des Gesetzes). Auf Grund dieser allgemeinen Ermächtigung ist zunächst die Verordnung vom 9. Juli 1872, den Verkehr auf den öffentlichen Wegen betreffend, sodann aber auch die hier fragliche Verordnung vom 26. September 1873 von den bezeichneten Ministerien erlassen worden. Es ist auch nicht zu erkennen, daß zur Sicherung des öffentlichen Verkehrs gegenüber den durch den Betrieb einer Straßenlokomotive auf der gewöhnlichen Landstraße entstehenden erheblichen Gefahren selbst vom rein polizeilichen Standpunkte aus eine Bestimmung für geboten erachtet werden kann, daß der Betriebsunternehmer für die bei einem solchen Betriebe von seinen Bediensteten verschuldeten Benachtheiligungen dritter Personen einzustehen habe. Diese Haftpflicht muß den Unternehmer bestimmen, in seinem eigenen Interesse bei der Auswahl und Beaufsichtigung seines Betriebspersonales die größte Vorsicht walten zu lassen und insofern trägt ihre Auferlegung ganz wesentlich zur Verkehrssicherung bei. Derartige von den Verwaltungsbehörden als Organen der Staatsgewalt innerhalb ihrer d u r ch  d a s  G e s e tz bestimmten Befugnisse erlassene Anordnungen haben aber auch neben den Bestimmungen des BGB.'s nach § 3 Nr. 1 der Publikationsverordnung vom 2. Januar 1863 Geltung zu beanspruchen und sind vom Richter bei der Rechtssprechung zu berücksichtigen.
   Aus diesen Gründen war die die Schadensersatzverbindlichkeit der Beklagten feststellende Entscheidung der ersten Instanz aufrecht zu erhalten.4

   Ein hiesiges Comitée mit der Generalunternehmung Richard Damm zu Berlin hat einen Vertrag abgeschlossen, auf Grund dessen die genannte Firma eine D a m p f st r a ß e n b a h n vom Waldschlößchen nach dem W e i ß e n  H i r s ch im Laufe des nächsten Jahres herzustellen sich verpflichtet hat. Diese Bahn wird ähnlich der Dampfstraßenbahn zwischen Kassel und Wilhelmshöhe ausgeführt, doch werden bei derselben alle neueren Fortschritte der Technik in Anwendung gebracht werden. Da die Firma Richard Damm die Finanzierung der Bahn gleichzeitig übernimmt, so bemüht sich das betreffende Comitée, welches bereits die Vorconzession für die Dampfbahn besitzt, die Conzession zum Bau und Betrieb der Bahn von der zuständigen Behörde zu erlangen. Wird die Conzession ertheilt, woran nicht zu zweifeln ist, so wird also im Laufe des nächsten Jahres unser herrlicher Luftkurort Weißer Hirsch mit Dresden auf eine sehr bequeme und billige Weise verbunden sein. An diese Schienenverbindung soll, wie wir hören, auch der "Weiße Adler", der bekannte Vergnügungsort oberhalb Loschwitz, angeschlossen werden. Es ist neben der Zweckmäßigkeit der Bahnanlage auch die Rentabilität des Unternehmens nach jeder Richtung hin als gesichert zu betrachten, zumal das zur Herstellung der Bahn nothwendige Kapital auf fünfjährige Dauer, von der Betriebseröffnung an gerechnet, mit 5 Prozent pro anno durch die Consortium-Interessenten garantirt worden ist. Nicht allein für die Bewohner des "Weißen Hirsch", auch für die von Dresden ist es von großem Vortheil, wenn beide Orte durch bessere Verkehrseinrichtungen miteinander verbunden sind. Mancher Dresdner wird dann eher in der Lage sein, sich und seiner Familie den Genuß der so kräftigen, ozonreichen Waldluft gewähren zu können, die unsere Haide so duftig entströmt, ohne eine theure Badereise unternehmen zu müssen- [DN 19.10.1889]

Quellennachweis:
[1] DVB Dresdner Verkehrsbetriebe AG, Von Kutschern und Kondukteuren, Die Geschichte der Straßenbahnunternehmen zu Dresden von 1872 bis 2012, Dresden 2012, S. 24
[DN tt.mm.jjjj] Dresdner Nachrichten am tt.mm.jjjj, SLUB
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[4] Annalen des Kgl. Sächs. Ober-Landes-Gerichts zu Dresden, Herausgegeben von Carl Moritz Lamm und August Julius Loßnitzer, Staats-Präsidenten am K. S. Ober-Landes-Gerichte, Zehnter Band, Druck und Verlag der Roßberg'schen Buchhandlung, Leipzig 1889, S. 248 GoogleBooks