27 | 07 | 2024

 Im August 2022 teilte mir Herr Eberhard Münzner einen Vorgang "Bootsunglück auf dem großen Teich im Schloss Albrechtsberg" mit Kopie eines Artikels darüber im Loschwitzer Anzeiger und Eintragungen im Begräbnisbuch der Loschwitzer Kirche mit. Ich habe dies um eine Notiz in den Dresdner Nachrichten ergänzt.

   Loschwitz. Einer Unvorsichtigkeit fielen am Mittwoch Abend zwei Menschenleben zum Opfer. Durch Umschlagen eines leichten steuerlosen Kahnes auf dem 1 bis 21/2 Meter tiefen westlichen Parkteiche des Schlosses Albrechtsberg stürzten die Insassen, der Gärtner Meier, das Stubenmädchen Bertha Caudius, der Diener Heidenreich und das Stubenmädchen Louise Meisel ins Wasser. Die beiden letzteren wurden nicht sogleich aufgefunden und später tot aus dem Wasser gezogen. Der Unfall geschah in folgender Weise: der Gärtner Meier fuhr Abends gegen 9 Uhr auf dem ungefähr 3 Morgen großen Teich umher, nahm sodann die drei am Ufer stehenden gräflichen Bediensteten in den Kahn auf und fuhr darauf wieder dem Lande zu, um noch eine Ruder zu holen. Etwa 7 Meter von der Landungsbrücke entfernt wollte Heidenreich im Kahne von hinten nach vorn steigen und trat, trotz Abmahnens, auf die Bordkante des Kahnes, wodurch dieser umkippte und die Insassen, die sämmtlich des Schwimmens unkundig waren, ins Wasser fielen. Der Gärtner kam bald wieder an die Oberfläche des Wassers, ebenso die übrigen. Beide Männer riefen nach Hilfe, doch waren nicht sofort Retter zur Stelle. Meier suchte das Ufer zu gewinnen und hatte große Mühe, die sich heftig anklammernde Bertha Claudius nachzuschleppen. Er fand endlich Grund und es gelang ihm, das Mädchen mit Hilfe des herbeieilenden Kutschers an Land zu bringen und die bereits Erstarrte durch Reiben zum Bewußtsein zurückzurufen. Die anderen beiden Verunglückten waren untergegangen und konnten, zumal die Dunkelheit einbrach, erst im Laufe der nächsten halben Stunde aufgefunden und ans Land gebracht werden. Leider waren die sofort angestellten Wiederbelebungsversuche erfolglos. Der Schloßherr, Graf Hohenau, der an demselben Tage erst von London zurückgekehrt war, ordnete die sofortige Herbeiziehung seines Hausarztes an. Mit diesem zugleich trafen gemeindeamtliche Personen an der Unglücksstätte ein. Der Arzt konnte nur den Tod der beiden Ertrunkenen durch Schlagfluß feststellen. Der Diener Heidenreich stand seit dem 15. Februar in gräflichen Diensten; Louise Meisel beging am Sonntag vorher ihren sechszehnten Geburtstag. Die Leichen der auf so tragische Weise in der Blüthe der Jugend ums Leben Gekommenen werden nach dem Loschwitzer Friedhofe überführt, woselbst sie auch zur letzten Ruhe bestattet werden.1

Begräbnisbuch Ev.-Luth. Kirchgemeinde Loschwitz, Juni 1897:2

Carl Heidenreich aus Reisewitz Kr. Grottau
gest. 30. Juni 1897 1/4 10 Uhr abends durch Ertrinken
begraben am 03. Juli 1897 nach röm.-kath. Ritus
Gräflicher Diener hier
26 Jahre 8 Monate 17 Tage alt (geb. 23.10.1870), ledig

Louise Meisel aus Striegau in Schlesien
gest. 30. Juni 1897 1/4 10 Uhr abends durch Ertrinken
begraben am 03. Juli 1897 mit Standrede hier
16 Jahre, 0 Monate, 6 Tage alt (geb. 24.06.1881), ledig

   Im Parke des Schlosses A l b r e ch t s b e r g ereignete sich vorgestern Abend nach 9 Uhr ein bedauerlicher Unglücksfall, dem leider zwei Menschenleben zum Opfer fielen. Daselbst gondelten zur angegebenen Zeit, wie sie es schon oft gethan, 4 Bedienstete des Herrn Gafen Hohenau auf dem 11/2 - 2 Meter tiefen Schloßteich. Durch die unvorsichtige Bewegung eines Mitfahrenden schlug das Boot aber plötzlich um, und die 4 Insassen, 2 Stubenmädchen, 1 Gärtnergehilfe und 1 Diener, stürzten in's Wasser. Während sich 2 Personen zu retten vermochten, ertranken der 30 Jahre alte Diener Heidenreich und ein 16 jahre altes Mädchen, Beide aus Schlesien gebürtig. Alle Belebungsversuche blieben erfolglos. Der Tod scheint bei beiden Personen infolge Schlaganfalls erfolgt zu sein, als sie, erhitzt, plötzlich in's Wasser stürzten. Die Leichname fanden in der Friedhofshalle zu Loschwitz Aufnahme. Herr Graf Hohenau, der mit seiner Gemahling erst früh von London zurückgekehrt war, ist durch den Unglücksfall tief erschüttert worden. [DN 2.7.1897]

Quellennachweis:
[1] Loschwitzer Anzeiger Nr. 28 vom Sonntag den 04.07.1897
[2] Eberhard Münzner, FFw Loschwitz, Einsatztagebuch, 07.08.2016
[DN tt.mm.jjjj] Dresdner Nachrichten am tt.mm.jjjj

registrierter Bereich
Links